Scham ist eine der stillsten und zugleich mächtigsten Kräfte im menschlichen Erleben.
Sie legt sich wie ein Schleier über das Herz, über den Atem, über den Körper.
Sie flüstert: „So darfst du nicht sein. So darfst du dich nicht zeigen.“
Und in diesem Flüstern beginnt die Trennung – von dir selbst, von deinem Körper, von deiner Lust, von deiner Wahrheit.
Scham entsteht dort, wo Liebe verurteilt wurde.
Wo ein Kind gespürt hat, dass seine Natürlichkeit zu viel ist.
Wo Berührung verboten, Begehren beschämt oder Ausdruck unterdrückt wurde.
Aus dieser Erfahrung wächst ein Schatten, der bis ins Erwachsenenleben reicht:
das Gefühl, sich verstecken zu müssen, um geliebt zu werden.
Doch Scham ist kein Feind.
Sie ist eine Wächterin.
Sie zeigt dir, wo du dich einst schützen musstest – vor Ablehnung, vor Schmerz, vor Schuld.
Und sie lädt dich ein, genau dort Licht hinzuschicken, wo du dich am kleinsten fühlst.
Wenn du Scham mit Bewusstsein begegnest, beginnt sie zu schmelzen.
Nicht, indem du sie bekämpfst, sondern indem du sie siehst.
Denn Scham verliert ihre Macht, wenn sie in Liebe betrachtet wird.
Sie verwandelt sich in Zärtlichkeit – in Mitgefühl mit dir selbst und mit dem Weg, den du gegangen bist.
Befreiung geschieht nicht durch Kampf, sondern durch Annahme.
In dem Moment, in dem du spürst: „Ich darf fühlen, was ich fühle“, öffnet sich ein Tor.
Die Energie, die einst im Schmerz gefangen war, beginnt wieder zu fließen.
Und dieser Fluss ist nichts anderes als Lebensfreude – die pure, unschuldige Lust am Sein.
Manchmal braucht es Mut, sich zu zeigen.
Mut, die Kleidung der alten Rollen abzulegen – innerlich wie äußerlich.
Doch jedes Stück, das du loslässt, enthüllt mehr von deiner Wahrheit.
Und diese Wahrheit ist schön.
Nicht, weil sie perfekt ist, sondern weil sie echt ist.
Scham heilt, wenn du sie ins Licht deines Herzens bringst.
Wenn du lernst, dich selbst mit den Augen der Liebe zu sehen – nackt, verletzlich, lebendig.
Dann verwandelt sich das, was du einst verstecken wolltest, in dein größtes Geschenk:
die Fähigkeit, anderen in ihrer Verletzlichkeit zu begegnen, ohne Urteil, ohne Angst.
In dieser Befreiung wird Lust wieder unschuldig.
Sie ist kein Beweis, keine Pflicht, kein Geheimnis.
Sie ist einfach Ausdruck deiner Seele, die sich erinnert, dass sie schön ist.
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